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Schreiben im Studium

Functions

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Phasenmodell

Abschlussarbeiten sind Hochschultexte, welche als akademische Lernformen sicherstellen sollen, dass Absolvent*innen im Studienverlauf eine wissenschaftliche Grundhaltung und Handlungskompetenz aufgebaut haben: Zunächst wird die Ausgangslage (Ist-Zustand) ausführlich analysiert und die daraus abgeleitete Frage- bzw. Problemstellung klar definiert. Die inhaltliche Auseinandersetzung ist fundiert. Es werden relevante Inhalte und Sichtweisen kritisch hinterfragt, um besser zu verstehen und darauf basierend eigenständige, begründete und nachvollziehbare Aussagen, also Texte, zu verfassen. Studentisches Schreiben formt und schult damit das wissenschaftliche Denken und entwickelt das akademische Selbstverständnis.
Das vorliegende Konzept will einen orientierungsgebenden Rahmen insb. für praxisorientierte Abschlussarbeiten bieten, der Vorteile für die Studierenden und die Betreuenden bringt. Das Konzept könnte den Rahmen für ein curricular eingebundenes Begleitseminar zur Erstellung von Abschlussarbeiten bieten. Auch könnten Studierende an das Schreibzentrum entsprechende Workshopanfragen richten.
Der Schreibprozess setzt sich aus einer Fülle unterschiedlicher Aktivitäten zusammen. Für das vorliegende Konzept sind die Modelle von Kruse (2005) und Ahrens (2014) richtungsgebend. Kruse beschreibt die Schrittfolge der notwendigen Tätigkeiten, benennt jedoch keine Schreibzwischenprodukte. Ahrens hingegen hat weniger die Schreibhandlungen selbst im Blick. Seine Überlegungen münden in ein Vorgehens- und Gliederungsmodell, das klar definierte, inhaltlich aufeinander abgestimmte Zwischenschritte einfordert. Damit ist eine Kombination dieser beiden Modelle möglich, ohne deren Charakteristik aufzugeben. Die Kombination mündete im nachfolgenden Phasenmodell (siehe nachfolgende Darstellung) mit den entsprechenden Textzwischenprodukten.
Jeder der zehn Schreibphasen liegt eine klare Zielsetzung zugrunde, welche den Informationsbedarf definiert. Die Informationsbeschaffung ist dann jeweils zu planen, die benötigte Information zu recherchieren, deren Relevanz zu überprüfen, die Ergebnisse aufzubereiten und auszuwerten. Die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen schließen eine Schreibphase ab und sind das Textzwischenprodukt, auf dem die darauf folgende Phase aufbaut. Die Beschreibung der 10 Einzelphasen wird jeweils ergänzt durch phasenspezifische Arbeitsblätter für die Einzelarbeit wie auch für Peer-Feedback. Denn das Schreiben wissenschaftlicher Texte basiert auf der fachlichen Auseinandersetzung mit Expert*innenwissen aber auch auf kooperativem Austausch, insb. mit Studienkolleg*innen. Im studentischen Gedanken- und Erfahrungsaustausch wird zumeist offensichtlich, dass die individuell vorhandenen Schwierigkeiten auch andere Studierende in gleicher oder ähnlicher Weise erleben oder erlebt haben. Auch werden Schwierigkeiten häufig durch das Mitteilen selbst schon bearbeitbarer, da das verständliche Mitteilen eine bestimmte Klarheit erfordert, die im Austausch leichter entsteht als durch stilles Grübeln. Und beides, das Gemeinsame der Schwierigkeiten und das bessere Verstehen der Schwierigkeiten reduziert die Selbstzweifel, macht Mut, entlastet und unterstützt damit die Schreibarbeit. Darüber hinaus fördert der persönliche Austausch das Hinterfragen und Erweitern eigener Arbeitsroutinen und das gemeinsame Suchen nach Lösungsmöglichkeiten. Konstruktives Feedback basiert dabei einerseits auf einer wertschätzenden, kooperativen Grundhaltung der beteiligten Personen und andererseits auf der (weitgehenden) Einhaltung phasenspezifischer Abläufe und den Feedbackregeln (insbesondere nur Ich-Botschaften und aktiv zuhören). Diese Regeln sollen vor Verletzung schützen und eine Atmosphäre der Kooperation und Wertschätzung aufbauen.